„Wir möchten einen lebendigen Ort schaffen.“ – Nachgefragt bei der Staudengärtnerei Teske

Die Staudengärtnerei Teske in Seefeld bei Pritzwalk besteht seit 7 Jahren. Mit vielen Ideen zur Gartenkultur wird hier ein umfangreiches Sortiment an Blütenstauden, Gräsern und heimischen Wildstauden kultiviert. Jan Molzberger arbeitet seit der Eröffnung im Team der Gärtnerei und gibt einen kleinen Einblick in die Arbeit der Gärtnerei.

Was hat Ihre Leidenschaft für den Garten entfacht?

Ich bin auf dem Land aufgewachsen und schon früh entwickelte ich eine Leidenschaft für die Natur. Für mein Studium der Bildenden Künste zog ich in die Stadt, wobei mich auch dort das Thema Natur immer begleitete. Enttäuscht über vernachlässigte Grünflächen im urbanen Raum, entwickelte sich meine Sehnsucht und auch Dringlichkeit nach einer Arbeit mit und für die Natur. Mit dem Streben nach Verlebendigung (einem Augenzwinkern und durchaus etwas abstrakt) baute ich während des Studiums sogar Komposthaufen, die die ausrangierten Kunstwerke meiner Kommilitonen kompostierten, aber auch den anfallenden Grünabfall verwerteten. Jetzt bin ich wieder auf dem Lande, habe hier einen großen Garten und natürlich noch mehr Komposthaufen.

Der perfekte Garten – wie sieht dieser Ihrer Meinung nach aus?

In der Natur selbst ist nie etwas perfekt. Häufig geht es um Störungen, die Entwicklungen und Prozesse erst ermöglichen. Im Wald fällt zum Beispiel ein Baum um und Licht erreicht den Boden, so dass neue Pflanzen keimen können. In einer Kulturform wie den Garten werden ebenfalls natürliche Prozesse gestört. Doch durch diese Störung und den Eingriff des Gärtners werden für Pflanzen und Tiere neue Lebensräume oder auch Nischen geschaffen. Es geht also weniger um Perfektion, vielmehr um das nicht Perfekte. Wir möchten einen lebendigen Ort schaffen.

Haben Sie einen Garten, von dem Sie inspiriert wurden oder der Ihnen ein Vorbild ist?

Einen konkreten Garten kann ich da nicht nennen. Vielmehr denke ich an verschiedene Aspekte von Gärten, die ich kennenlernen durfte. Besonders gefällt mir das gezielte Wechselspiel zwischen naturnahen und kultivierten Flächen. Spannend finde ich z.B. die Wiesenquadrate in Jardin Plume.* Hier stehen auf einem ausgedehnten Areal Quadrate aus Wildwiese im Wechsel mit kultivierten Flächen. Englische Gärten finde ich an den Stellen schön, wo gezielt und mit viele Liebe zum Detail Fugen bewohnenden Pflanzen ein Platz eingeräumt wird.

Wenden Sie nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden in Ihrem Garten an und wenn ja, welche sind Ihnen besonders wichtig?

Mulchen ist für uns wichtig und wir würden das gerne häufiger anwenden. Da wir aber häufiger Pflanzen umpflanzen bzw. für die Vermehrung teilen ist der Mulch oft im Weg. Zudem kultivieren wir natürlich auch viele Stauden die nur wenig Mulch vertragen, bzw. schnell aufgefressen werden, wenn wir unseren Schnecken noch einen Unterschlupf bereitstellen. Dafür gibt es bei uns dann viele Bereiche in denen die Pflanzungen dicht zusammengewachsen sind und somit kein offener Boden mehr zu sehen ist. Humusaufbau durch Kompostierung ist eine wichtige Größe bei uns, nichts wird entsorgt. Wir verwenden auch keine Spritzmittel und fördern stattdessen Nützlinge wie Vögel. (Bild: In der Gärtnerei sind überall Vogelkästen, die auch einmal im Jahr gereinigt werden. Arten: Meisen, Spatzen, Schwalben, Grünspecht, Fites, Buchfink, Goldammer, Bluthänfling, viele Grasmückenartige). Zudem haben wir gute Erfahrung mit einem Sud aus Schachtelhalm gemacht, um die Blattstrukturen zu stärken. Ein gestärktes Blatt hält Schädlingen wie Läusen länger stand, da sie das Blatt nicht so leicht anbohren können.

Eine hohe biologische Vielfalt ist für Ihren Garten kennzeichnend. Was tun – oder lassen Sie dafür?

Einige Bereiche unserer Gärtnerei mähen wir nur einmal im Jahr und lassen dadurch Wildwuchs gezielt zu. Wir schaffen viele Strukturen wie Totholzhecken oder Steinhaufen für ein vielfältiges Kleinklima mit vielen Nischen. Regelmäßig versuchen wir auch heimische Wildpflanzen an passenden Standorten anzusiedeln.

Können Sie drei Pflanzen empfehlen, die in Ihrem Garten für Bienen oder Insekten eine besondere Bedeutung haben?

Wir haben eine breite Palette an Pflanzen, die auch unterschiedlich stark von Insekten frequentiert werden. Der Aromatische Kälberkopf ist besonders beliebt. (Bild). In den Ritzen unserer Pflasterflächen wächst die Hellgelbe Skabiose, sie breitet sich schneller aus als die Tauben-Skabiose. Besonders Schmetterlinge und Hummeln fliegen diese Art gerne an. Der Breitblättrige Mannstreu, ein Doldenblütler, wird von Solitärwespen und auch den seltenen Dolchwespen als Refugium genutzt.

Welches besondere Erlebnis hatten Sie mit tierischen „Mitbewohnern“ Ihres Gartens?

Beeindruckend war für mich der Einzug der Hosenbiene auf unserem Gelände. Zwischen den Pflasterfugen legen diese solitär lebenden Bienen bis zu 60 cm tiefe Gänge an. Nach dem Graben ihrer Löcher kommen sie rückwärts gewandt aus dem Loch raus und rudern mit ihren stark behaarten „Hosenbeinen“ aus dem Gang und schaufeln den Aushub beiseite.

Wie viel verschiedene Kulturpflanzen wachsen in Ihrem Garten? Gibt es wildlebende Pflanzen, die Sie besonders schätzen und deshalb hegen und pflegen?

Ich schätze es handelt sich um ca. 2000 kultivierte Arten und Sorten, davon ungefähr 200 Sorten Taglilien, viele Wiesenknöpfe, Sonnenbräute und Staudensonnenblumen, Wieseniris oder Silphien. Vieles probieren wir erst einmal aus bevor wir die Pflanzen an unsere Kunden weitergeben. Daher findet man bei uns auch viele Einzelstücke ausgepflanzt. Bei den Gehölzen liegen wir in etwa bei 200 Arten und Sorten, natürlich sind da auch viele Obstgehölze mit dabei. Zu den wildlebenden Pflanzen gehört bei uns der Pippau. Dieser Korbblütler verdrängt kaum andere Arten, kann zwischen Kulturpflanzen stehen und ist zudem nur zweijährig. Auf den Pippau fliegt unsere Hosenbiene, die auf Korbblütler spezialisiert ist und deswegen darf der hier stehen bleiben. In den meisten Bereichen hat auch der Gundermann Bleiberecht - beliebt bei den Hummeln.

Der Klimawandel zeichnet sich immer mehr ab, hohe Temperaturen und Wassermangel fordern Pflanzen und Gärtner heraus. Welche Möglichkeiten sehen Sie zum sparsamen Umgang mit Wasser?

Bäume haben generell ein Potential als Wasserspeicher. Sie spenden Schatten und befördern Wasser aus tieferen Bodenschichten nach oben. Das Laub bildet Humus, der auch das Wasser hält. Durch Modellierung des Geländes erreichten wir, dass bei Regenereignissen das Wasser nicht sofort in Dränagen abläuft, sondern zuerst in die Fläche geht und dort langsam versickert. Das Mulchen ist ebenso ein wichtiger Parameter unseres Wassermanagements. Insgesamt ist das Bewusstsein für mehr Bewuchs ein Schlüssel für mehr Wasser im Garten. Mehr Volumen und Biomasse der Pflanzen ermöglicht ein höheres Speichervermögen für Wasser.

Die Corona- Pandemie fordert große Einschränkungen von allen, die Betroffenheit ist verbreitet sehr groß. Haben Sie Möglichkeiten alternativer Angebote für Ihre Kunden?

Bisher fallen die Märkte bei uns weg. Dadurch haben wir die Möglichkeit vor Ort in unserer Gärtnerei mehr Öffnungszeiten anzubieten. Wir haben zurzeit auch an den meisten Wochenenden geöffnet. Wir bieten Staudenpakete an, die über unsere Webseite  http://gaertnereiteske.de bezogen werden können.

Herzlichen Dank für das Interview

*Der Jardin Plume befindet sich in er Normandie (Frankreich)

 

 

Gebiet

  • Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe

Meldung vom 08.05.2020