Ein durchwachsenes Storchenjahr - Beringung der Jungstörche in Rühstädt
Anfang Juli war es wieder soweit. Der NABU-Kreisverband Prignitz beringte die Jungstörche im Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe - Brandenburg. Mit einer Hebebühne ging es hinauf in die Storchennester des Europäischen Storchendorfes Rühstädt und die Beinchen der sich totstellenden Jungstörche bekamen einen nummerierten Ring umgelegt. Zu dieser Zeit waren die Jungstörche schon ansehnlich groß, können jedoch noch nicht fliegen und sind auf die Futtergaben der Eltern angewiesen.
Während der Zeit der Beringung erfahren die Storchenexperten jedes Jahr wie es um den Nachwuchs steht. Im europäischen Storchendorf Rühstädt geht man in diesem Jahr (2020) von 26 Storchenpaaren aus. Mit dem Nachwuchs sieht es nicht ganz so gut aus. Nicht alle Paare brüteten und das Ergebnis mit 27 Jungstörchen ist ein schlechter Wert für die Storchenpopulation. Für einen stabilen Bestand sollten mindestens zwei Jungstörche pro Paar und Brutsaison erfolgreich aufwachsen.
Der Weißstorchbeauftragte Falk Schulz, unter dessen Leitung die jährliche Beringung stattfindet, nennt als ein Problem den Zugstau während des Frühjahrzuges entlang der Ostroute. Ein Wintereinbruch auf dem Balkan verzögerte den Start der Brutsaison. Weiterhin sieht der Weißstorchbeauftragte fehlenden Wasserrückhalt in der Landschaft als eine Ursache eines reduzierten Nahrungsangebotes für die Störche. Prignitzer Landwirte arbeiten seit vielen Jahren für bessere Bedingungen für die Weißstorchpopulation. Dazu gehören auch angepasste Mahdzeitpunkte sowie die Streifenmahd und gezielter Wasserrückhalt in der Landschaft.
Auch eine kühle und feuchte Witterung kann für Jungstörche problematisch werden. Denn sind sie zu groß, können sie die Altstörche nicht mehr hudern (Schützen der Nestlinge vor Witterung) und unterkühlen und verenden.
Die Beringung von Jungstörchen hilft die Zugwege der Vögel und ihre Lebensweise besser zu erkunden. Die Ringnummer wird zusammen mit dem Standort des Storches an die Beringungszentrale Hiddensee in Güstrow weitergegeben. Die Fachgruppe Ornithologie des NABU-Kreisverbands Prignitz führt die Beringung in der Elbtalaue durch. Wer mithelfen möchte kann sich ein Fernglas schnappen und auf Ringnummerjagd gehen.
Gemeinschaftliches Projekt für Weißstörche
Um den Bruterfolg der Weißstörche positiv zu beeinflussen, wurde dieses Jahr im Mai durch das von der Stiftung Euronatur finanzierte „wet meadows and pastures“ - Projekt ein Graben instandgesetzt, über den Elbewasser ins Hinterland geleitet werden kann. Das Gefälle des Grabens wurde angepasst und bei Bedarf kann dem Graben Wasser über einen Zulauf zugeführt werden.
Dadurch soll die Wassersituation in den temporären Kleingewässern verbessert werden um Amphibienlaichgewässer mit ausreichend Wasser zu versorgen. Ein positiver Effekt auf die Grundwassersituation wird ebenfalls erwartet. Dies hätte Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Regenwürmern, die für die Jungenaufzucht der Störche eine entscheidende Rolle spielen.
Ebenfalls profitieren geschützte Lebensräume wie Brenndolden Auwiesen, die unter natürlichen Bedingungen im Frühjahr auf hohe Wasserstände angewiesen sind.
Das Projekt ist eine Kooperation zwischen dem Storchendorf Rühstädt, der Naturwacht Brandenburg, dem Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe - Brandenburg, dem Wasser - und Bodenverband, lokalen Landwirten, dem Naturschutzbund Deutschland - Landesverband Brandenburg e.V. und dem Storchenclub Rühstädt e.V.
Durch das Projekt sollen die Europäischen Storchendörfer bzw. beteiligte NGOs bei der Durchführung von Projekten zur Verbesserung der Nahrungshabitate der Weißstörche unterstützt werden. Dabei profitieren nicht nur die Weißstörche, sondern auch viele weitere Tier- und Pflanzenarten der feuchten Wiesen und Weiden.
Wer genau erfahren möchte, wie die Beringung von Jungstörchen durchgeführt wird, kann sich das Video von der Beringung in Rühstädt in diesem Jahr anschauen.
Gebiet
- Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe
Meldung vom 09.07.2020