Ehrenamt in der Natur – Unterstützung für den Wiedehopf im Elbtal

Unschwer mit seiner Federhaube und rotem und schwarz-weiß gestreiftem Gefieder zu erkennen, wirkt der Wiedehopf schon fast exotisch in unseren Breiten. Ab Ende April bis Anfang September kann die geschützte Art auch im Natura 2000 Vogelschutzgebiet „Unteres Elbtal“ vereinzelt beobachtet werden, bevor die Vögel den Winter im Süden verbringen. Die ehrenamtlichen Ornithologen des NABU Kreisverband Prignitz Hans Werner Ullrich und Thomas Könning dokumentieren die in der Prignitz seltenen Vorkommen der Vögel und bringen Nisthilfen an. Dabei werden sie von Marion Korsch, Rangerin bei der Naturwacht im Biosphärenreservat fachlich und praktisch unterstützt. Im Interview berichten sie über ihre aktuelle Arbeit.

Oliver Krause: Welchen Lebensraum bevorzugt der Wiedehopf?

Marion Korsch & Thomas Könning: Der Wiedehopf besiedelt vielfältige Lebensräume; immer sind es jedoch wärmeexponierte, trockene, nicht zu dicht baumbestandene Gebiete mit nur kurzer oder spärlicher Vegetation. Hier bei Lenzersilge findet der Wiedehopf auf einer Restdüne einen idealen Lebensraum. An diesem Standort bietet sich ein breites Nahrungsangebot. Besonders größere Insekten gehören zu seiner bevorzugten Nahrung. Aber auch auf extensiv genutztem Grünland wie bei Polz oder Breetz findet der Vogel Nahrung.

Oliver Krause: Findet der Wiedehopf Lebensraum im Biosphärenreservat?

Marion Korsch & Thomas Könning: Leider ist die extensive Bewirtschaftung rückläufig, jedoch gibt es bei uns in der Region noch kleine Betriebe im Nebenerwerb, die solche Flächen bearbeiten. Eine andere, vom Wiedehopf bevorzugte Form der Landnutzung, ist die Mutterkuhhaltung. Die Tiere stehen meist ganzjährig auf der Weide und die anfallenden Kuhfladen fliegt der Wiedehopf gezielt bei seiner Suche nach Insekten an. Auch Deiche bieten Nahrungsflächen. Dort finden sich insektenreiche Flachlandmähwiesen und Trockenrasen. In Dalmin beobachteten wir eine Brut in einer Höhle in einem alten Obstbaum. Bei Hinzdorf und der Schmöler Düne hat der Wiedehopf in den vergangenen Jahren gebrütet.

Oliver Krause: Wie ist die Bestandsentwicklung und seit wann wird der Bestand erfasst?

Thomas Könning: Willi Westermann, ein in der Prignitz bekannter Ornithologe, dokumentierte seit den 60iger Jahren Beobachtungen zum Wiedehopf. Damals war eine ornithologische Fachgruppe an den Kulturbund angeschlossen, die der Erfassung verschiedener Vogelarten in der Region nachging. In den 80iger und 90iger Jahren wurde der Vogel jedoch kaum gesichtet. In den vergangenen Jahren wurde er an mehreren Orten im Biosphärenreservat beobachtet. Generell befinden wir uns in der Prignitz eher an der Verbreitungsgrenze für den Wiedehopf. Lebhafter geht es im Süden Brandenburgs zu. Hier vor Ort schätzen wir den Bestand mit leicht zunehmender Tendenz ein. Hans-Werner Ullrich: Unsere Beobachtungen geben wir auf dem Internetportal „ornitho.de“ ein. Die Plattform bietet eine Möglichkeit der Dokumentation für die ehrenamtliche und hauptamtliche Erfassung wild lebender Vögel in Deutschland.

Oliver Krause: Wie ist die Gruppe der Vogelbeobachter organisiert?

Hans Werner Ullrich: Der NABU-Kreisverband Prignitz stellt die meisten ehrenamtlichen Vogelbeobachter hier in der Prignitz. Wir freuen uns über Interessierte, die mehr über die Erfassung von Vögeln erfahren möchten oder selber aktiv werden wollen. Die Gruppe trifft sich jeden zweiten Mittwoch im Monat um 19 Uhr in Cumlosen in den Räumlichkeiten des Heimatvereins. Jeder ist willkommen und kann bei uns reinschnuppern, auch ohne ornithologische Vorkenntnisse. Dreimal im Jahr bieten wir auch ornithologische Exkursionen an.

Oliver Krause: Welchen Einfluss zum Schutz des Wiedehopfs hat der Mensch?

Thomas Könning: Neben den bereits genannten idealen Landnutzungsformen nimmt der Vogel auch gern Nistkästen an. Wir sehen in der Anbringung dieser Kästen eine Chance für künftige Bruterfolge des Wiedehopfs. Vielleicht kommen aber auch die längeren Warmphasen bei uns dem Wiedehopf entgegen. So kommen derzeit Insektenarten in der Prignitz vor, die vor 50 Jahren nur in südlicheren Teilen Europas anzutreffen waren. Zum Beispiel kommen in der Region ca. 45 Libellenarten vor, von denen bis zu fünf Arten im südlichen Europa heimisch sind. Dazu gehören die Feuerlibelle und die Südliche-Mosaikjungfer. Andere Libellen wie die Torf-Mosaikjungfer, die hier in Mooren vorkommt, verlassen allerdings unsere Breiten langsam und kommen jetzt eher in Skandinavien vor. Das sind meine persönlichen Beobachtungen zum Klimawandel.

Oliver Krause: Was macht ihr konkret zur Unterstützung des Wiedehopfs?

Thomas Könning: Wir hängen spezielle Nistkästen für den Wiedehopf an geeigneten Standorten auf und unterstützen seine Ansiedlung. Die Holzkästen sind in der Regel 50 cm hoch und 40 cm tief. Der Kasten hat ein ca. 4 cm großes Einflugloch und ein Türchen an der Seite, das für uns zur Kontrolle von Brutnachweisen dient. Wir spannen die Kästen auf 1,5 Meter Höhe um den Baum, bei höherer Anbringung würde der Star den Kasten besetzen. Innen legen wir Sägespäne aus, da der Wiedehopf selbst kein Nistmaterial einträgt. Ein Vorbau dient als Marderschutz. Versuchsweise haben wir erstmals eine künstliche Nisthöhle in einen Lesesteinhaufen eingebracht. Wir sind gespannt, ob der Wiedehopf das annehmen wird.

Oliver Krause: Hattet ihr ein besonderes Erlebnis mit dem Wiedehopf

Marion Korsch: Allein den Wiedehopf zu Sehen und zu Hören ist ein besonderes Erlebnis! Meine beste Freundin griff als Kind einmal in eine Wiedehopf-Höhle. Zu ihrer Überraschung roch es äußerst unangenehm, denn der Vogel bringt zu seiner Verteidigung den Darminhalt, vermengt mit einem übel riechenden Sekret der Bürzeldrüse aus. Daher stammt auch der Spruch „Du stinkst wie ein Wiedehopf“.

Informationen zum Bestand des Wiedehopfes können auch im Managementplan des Vogelschutzgebietes "Unteres Elbtal" nachgelesen werden. Link

 

 

 

 

Gebiet

  • Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe

Meldung vom 17.09.2019